Ebermann

Der eindimensionale Mensch wird 50 – Ein Konzert-Theater
DereindimensionaleMensch-ohne Text_klein.previewVor 50 Jahren herrschte Ruhe – dann, wie man weiß, brach einiges los: Rebellion in Paris, Zerwürfnis mit der Staatspolitik in den U.S.A., wilde Streiks in Turin, Unbotmäßigkeiten (fast) überall. Nicht hervorgerufen, aber doch beeinflusst vom „Philosophen der Neuen Linken“, wurde das herrschende System, wenn nicht bedroht, so doch herausgefordert. Eine „Kraft der Negation“, deren Verfallsdatum man kennt, entstand. Sie wollte mehr als das dankbar-bescheidene „IMMERHIN“.

Herbert Marcuses Porträt des „Eindimensionalen Menschen“ , der bis heute die Mehrheit in allen Industrieländern stellt und sich immer treu zu bleiben scheint, analysierte und ätzte gegen die „Hölle der Gesellschaft im Überfluss“. Dem Deal aus wachsendem Konsum und Unfreiheit.

09.10.2014  A-Graz, Steirischer Herbst
10.10.2014  A-Graz, Steirischer Herbst

15.10.2014  A-Wien, WUK
16.10.2014  A-Wien, WUK
18.10.2014  CH-St. Gallen, Palace
19.10.2014  Heidelberg, Karlstorbahnhof (Enjoy Jazz)
21.10.2014  Frankfurt, Mousonturm
23.10.2014  Hamburg, Polittbüro
24.10.2014  Hamburg, Polittbüro
25.10.2014  Hamburg, Polittbüro

29.10.2014  Berlin, Admiralspalast (Studio) Tickets
30.10.2014  Berlin, Admiralspalast (Studio) Tickets
31.10.2014  Bremen, Schwankhalle Tickets

13.11.2014  Leipzig, Conne Island
14.11.2014  Potsdam, Spartacus
15.11.2014  Postdam, Spartacus

26.03.2015  Reutlingen, franz.k
27.03.2015
28.03.2015  Geislingen, Rätschenmühle

Was machte und macht sein „glückliches Bewusstsein“ aus? Wie gehen Informiertheit und Verblödung Hand in Hand? Wie hat das Sich-Einfügen über das Denken, das mit Kritik erst beginnt, turmhoch gesiegt? Keine dieser Fragen ist veraltet – die „Große Weigerung“ bleibt so notwendig, wie sie wenige Anhänger hat.

Kompositionen, mit denen drei Musiker aus der Eindimensionalität dessen ausbrechen, was sie mit ihren Formationen sonst so pflegen, lehnen sich an den Kritischen Theoretiker an. Natürlich – schon weil die Revolte damals sich anti-autoritär nannte – wird er auf der Bühne kritisiert, wo er im Irrtum war. Der „ALTE“ kommt auch selbst zu Wort, wird rezitiert oder quatscht (von woher genau auch immer) dazwischen. Das „Team Marcuse“ leidet schließlich auch an manchem „falschen Bedürfnis“.

Versprochen wird ein Abend, der unakademisch ist – und dennoch nicht dem „gesunden  Menschenverstand“ huldigt.

Eine facettenreiche Geburtstagsfeier für eine trostlose Gestalt, die sich auch noch treu geblieben ist, seit Herbert Marcuse ihr glückliches Bewusstsein und ihre versklavte Zufriedenheit erforschte.

1964 tat es beim Zahnarzt mehr weh als heute, und für eine schnelle Übermittlung von Nachrichten verschickte man Telegramme. Technologisch geht’s seitdem voran, aber das Denken, das mit der Kritik der Verhältnisse erst beginnt, ist verdrängt vom Funktionieren im Bestehenden. Informiertheit und Verblödung sind verschwistert.
Als Herbert Marcuse, einer der Denker der »Kritischen Theorie«, diese Zusammenhänge zu entschlüsseln versuchte, inspirierte er damit große Teile der »Rebellion von ’68«.Was er ätzend als »Hölle der Gesellschaft im Überfluß« benannte – das damalige Wirtschaftswunder mit reguliertem Arbeitsmarkt und wachsendem Konsum – ist heute der Himmel vieler Progressiver. An diesem Abend wird er erforscht mit Songs, die auf Passagen aus dem »Eindimensionalen Menschen« basieren.
Außerdem wird – unakademisch, aber auf den berüchtigten »gesunden Menschenverstand« verzichtend – rezitiert, dialogisiert und gestritten, ob und warum der Philosoph sich irrte. Da das Ensemble weder ein Lehrstück plant noch den Lehrer spielen will, zieht es sich zwar nicht vor aller Augen aus, verheimlicht aber nicht, dass sich auch in seinen Mitgliedern manch Eindimensionalität festgesetzt hat. Man soll ja, lehrte der Systemkritiker, misstrauisch gegenüber seinen Bedürfnissen sein. Entgegen landläufiger Meinung stammen sie nicht aus dem »tiefsten Innersten« und zeugen auch nicht von Authentizität …
Eine Koproduktion mit dem steierischen herbst festival, Graz, und dem Polittbüro, Hamburg. Mit freundlicher Unterstützung vom Musicboard Berlin.
(Lange Version unten)* * *THOMAS EBERMANN
Buch und Bühnenautor, Podiumsdiskutant und Vortragsreisender, Regisseur und minderbegabter Schauspieler, Intellektueller ohne Abitur, fühlt sich geehrt, wenn man ihn den »letzten Querulanten« nennt und beleidigt, wenn man ihn als »Querdenker« diffamiert.KRISTOF SCHREUF
Musiker, Schreibtischtäter und Sänger, war mal Frontmann von »Kolossale Jugend« und galt damals als Klassenbester der »Hamburger (Vor-)Schule«, mangelnde Strebsamkeit warf ihn zurück; für »Bourgeois with Guitar« von der Kritik so hoch gelobt, wie in den Charts tief gefallen.ANDREAS SPECHTL
Musiker, Texter und Sänger der Band »Ja, Panik«, hat sich aus dem Burgenland in die Provinz zurückgezogen und wird von Berliner Ur-Einwohnern – die Fremde sonst nicht mögen – einigermaßen akzeptiert, denn: »So zärtlich hat schon lange niemand mehr gegen den Staat gewettert«, wie Andreas auf dem jüngsten Album, für das er bestimmt wieder für den »Amadeus Award« nominiert wird, damit ein anderer ihn bekommt.

ROBERT STADLOBER
Schauspieler, Musiker und Sänger der Band »Gary«. Wirkt in seinen Filmen – »Sonnenallee«, »Crazy«, »Kottan ermittelt«, »Zärtliche Parasiten« – oft viel sympathischer, als er in privater Atmosphäre, also in Talkshows, ist. Obwohl er sich stets vornimmt, genregerecht belanglos zu plaudern, rutscht ihm immer wieder ein kluges Argument raus, womit er naturgemäß den berühmten deutschen Volkszorn provoziert.

ASTRID NOVENTA
Bühne und Kostüm

MIRIAM SCHMIDT
Dramaturgie

* * *

Langfassung: Der Titel bezieht sich darauf, dass Herbert Marcuses große systemkritische Schrift (»Der eindimensionale Mensch«) 1964, also vor 50 Jahren, (zunächst in den USA) veröffentlicht wurde. Ganz besonders durch dieses Werk wurde Marcuse zum vielleicht wichtigsten Inspirator der »Rebellen von 68«. Zu einer Autorität für die Antiautoritären, denen er sich verbunden fühlte.

Nichts liegt dem Team allerdings ferner, als einen Erinnerungsabend an eine irgendwie geartete »gute alte Zeit« zu veranstalte, nach der Art dieser trostlosen Fernsehdokumentationen zur Geschichte, in denen alt gewordene »Zeitzeugen«, denen die Anpassung aus jeder Pore stinkt, Enkeln und Kindern und ihrer Generation erzählen dürfen, dass sie in jungen Jahren mal ganz schön wild gewesen sind.

Das Team glaubt nämlich, dass Herbert Marcuse für viele heute größte Relevanz besitzt. Mehr noch: seine fundamentale Kritik kann erhellen, wie weit – leider! – sich das, was heute als links/progressiv/bürgerbewegt gilt, von einer substanziellen Kritik des Bestehenden entfernt hat.

Vielleicht ist es ja ganz gut, dass Marcuse seine Schrift zur Zeit des Wirtschaftswunders – also zur Zeit regulierter Arbeiterverhältnisse und wachsender Möglichkeiten des Konsums – verfasst hat. Es sind Zeiten, denen heutige Sehnsüchte gelten, während Marcuse für sie den Begriff der »Hölle der Gesellschaft im Überfluss« fand.

KEINE ANGST!
Es wird kein akademischer Abend, bei dem Kenntnis der Kritischen Theorie Voraussetzung ist, um auf seine Kosten zu kommen. (Dafür gibt es Seminare und Symposien, die wertvoll sind.)
Es wird auch nicht »Agitprop« und auch kein Lehrstück.

AUCH NICHT ZU BEFÜRCHTEN IST,
dass die Musik nur der Untermalung der Texte gilt. Damit haben wirklich schon genug »Liedermacher« rumgemurkst.

ALSO WAS?
Gearbeitet wird an einigen Songs, die sich an Themen und Thesen Herbert Marcuses anlehnen, sie entschlüsseln, auf heutige Gegebenheiten übertragen, auch mal mit direkten Zitaten spielen, manchmal ist der Bezug auch nur sehr indirekt und also versteckt.
Darüberhinaus zerbricht sich das Team den Kopf, welche Passagen rezitierbar sein könnten, ohne den Anspruch seiner »Entakademisierung« zu verletzen. Zum Glück hat Marcuse einen wunderbaren Hang zum beispielhaften Erzählen, zur Episode. Und in seinem berühmten Vortrag im überfüllten Audimax der FU (mit dem Titel »Das Ende der Utopie«!!) findet sich was…
Manchmal könnte es auch passieren, dass die Typen auf der Bühne ins Dialogisieren geraten. Inszenierte Disharmonie halt.
Mit einiger Sicherheit spricht dann der alte Marcuse von der Leinwand »das klärende Wort«. Nein, das nicht, aber es gibt wirklich ein paar schöne Aufnahmen mit ihm…

»Indem die großen Worte über Freiheit und Erfüllung von Führern und Politikern bei Wahlkampagnen verkündet werden, in den Kinos, im Radio und Fernsehen, verkehren sie sich in sinnlose Laute, die nur im Zusammenhang mit Propaganda, Geschäft, Disziplin und Zerstreuung einen Sinn erhalten … Die Institutionen der Rede- und Denkfreiheit behindern die Gleichschaltung mit der etablierten Wirklichkeit nicht.«
»Niemand denkt wirklich, der nicht von dem abstrahiert, was gegeben ist, der nicht die Fakten auf die Faktoren bezieht, die sie hervorgebracht haben …«
»Um ein (leider phantastisches) Beispiel zu wählen: die bloße Abwesenheit aller Reklame und aller schulenden Informations- und Unterhaltungsmedien würde das Individuum in eine traumatische Leere stürzen, in der es die Chance hätte, sich zu wundern, nachzudenken, sich (oder vielmehr seine Negativität) und seine Gesellschaft zu erkennen.«

(Zitate aus Marcuse, „Der eindimensionale Mensch“)

Versichert wird, dass kein Mitglied des Ensembles auch nur die klitzekleinste Ähnlichkeit mit dem Jubilar hat – und garantiert werden kann, dass schon der Erwerb einer Eintrittskarte zu mehrdimensionaler Gefühlswelt, Immunität gegen Manipulation und kritischem Bewusstsein führt.

(Die Künstler der Produktion danken Peter Marcuse und Peter-Erwin Jansen für die Überlassung der Verwertungsrechte der von ihnen verwendeten Textauszüge aus dem Werk von Herbert Marcuse »Der eindimensionale Mensch«. Die Nutzungsrechte beziehen sich auf die von P.-E. Jansen herausgegebene Neuauflage des Werkes aus dem zu Klampen Verlag, Springe.)

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