LISA POLITT Solo: „Wie geht’s uns denn..?“

(September 2011) Da werden wir gebeutelt von Schuldenkrise, Griechenland und schlechtem Wetter, und was liest der Deutsche: Bücher über Kohl. Warum?- Er will sich Tipps holen vom Siegertypen. Das Buch von Sohn Walter, das über (Ex-) Ehefrau Hannelore: Beide verdrängen sich gegenseitig von den ersten Plätzen der Bestsellerlisten, und beide handeln im Grunde nur von ihm. Helmut. Dem Dicken. Der Birne. Sowohl das meckernde Söhnchen als auch die (Ex-) Gattin der Finsternis verweist die Lichtgestalt auch in Abwesenheit locker auf die Plätze. Toll. Klar ist: Wer so lange (…und breite) Schatten wirft, der steht in der Sonne. Und auch wenn die Familie des Einheitskanzlers sich jetzt entzweit, auch wenn das Ganze aussieht wie seine späte Rache: Er, der schon immer sowohl seine Partei als auch seine Familie in „Kohlianer“ und „Nicht- Kohlianer“ zu unterscheiden wusste, steht nach allem als Gewinner da. Respekt. Wie schafft er das, und geben die Bücher auch anderen Versagern Tipps, die man abgreifen kann? Was ist sein Erfolgs- Geheimnis?

  • Muss man sich nur rechtzeitig vom Acker machen, bevor sich die „Visionen“ wie „Die Blühende Einheit“, „Der Euro“ oder „Griechenland“ als heiße Luft entpuppen, damit man selbst als Macher und die Nachfolger als Versager dastehen?
  • Braucht es in jedem Fall eine Ehefrau wie Hannelore, die es schafft, aus einem Rüstungsnazi – Vati und einer reichen und behüteten Kindheit eine herzerweichende Flüchtlingslegende zu stricken, die also PR- mäßig schon mal Gold ist, den Gatten entsprechend stützt, ihm die Kinder und den Haushalt vom auch noch gut genährten Leib hält und sich, wenn’s gar nicht mehr anders geht, die einzig haltgebende Perücke so tief in’s Gesicht zu ziehen, dass sie diesen Zustand mit dem „dunkelsten Kapitel unserer Geschichte“ verwechselt? – Und
  • Brauchen wir Frauen vielleicht alle ihren eisenhart an der Einsamkeit gestählten Humor, um in der heutigen Zeit als Erfolgsmodell durch’s Leben zu gehen? Gefragt, wie sie die lange Zeit des Wartens auf den Gatten ertrage, hat Hannelore Kohl einmal einem Journalisten geantwortet: „Wir haben einen Hund. Wann immer mein Mann nach Hause kommt- der Hund freut sich. Ich habe in dieser Beziehung sehr viel von unserem Hund gelernt.“ Das ist doch was. Aber zurück zum Original, zur Hauptperson:
  • Wie schafft er es, dass man allein bei seinem Anblick den Eindruck gewinnt: Den Hunger in der Welt kann man vielleicht wirklich nur mit Waffengewalt bekämpfen? – Und welchen Ernstfall genau hat die passionierte Sportschützin Hannelore eigentlich am Schiessstand trainiert?
  • Wie geht das, trotz Spendenaffäre als verlässlich zu gelten, nur weil man die Namen der Mittäter nicht verrät? – Ist es gerade das,  was können wir für einen eigenen erfolgreich kriminellen Alltag daraus lernen, und
  • Wie gelingt es einem als Vater, dass aus einer ehemals erfrischend renitenten Brut wie Walter, der sich als 12jähriger die bemerkenswerte Fähigkeit aneignet, im Fond des Sicherheitsfahrzeugs, das ihn zur Schule bringt, eine Heckler & Koch auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, ohne dass die beiden vorn im Wagen sitzenden Beamten das bemerken, wie schafft man es also, dass daraus  letztlich ein Sohn wird, der die Lebensleistung des einst verhassten Alten würdigt und ihm unbedingt verzeihen will? Das müssen Sie wissen. Denn das braucht jeder in  Krisenzeiten: Eine gut funktionierende Familie.
  • Wie schafft man es, die „geistig- moralische Wende“ einzuläuten und trotzdem zum Schluss eine nigelnagelneue Pflegerin mit Doktortitel zu ehelichen, die auch noch so sparsam ist, dass sie die Klamotten ihrer Vorgängerin aufträgt? Die einem mit ihrem Verhalten auch noch die miesepetrigen Söhne vom Hals schafft- oder ist das Ganze nur ein Missverständnis und sie in Wirklichkeit nur dem Mythos der kraftspendenden Perücke ihrer Vorgängerin auf der Spur?
  • Helfen solche Perücken auch anderen Frauen auf dem Weg in ihre zukünftige  Rolle, oder sind das Hirngespinste vergangener Zeiten, und es reicht völlig aus zu verstehen, was Heidi Klum uns sagt? :  „Die Mädchen können heute alle Facetten ihrer Persönlichkeit zeigen. Sie können posen im Liegen, im Stehen, auf dem Bauch oder auf dem Rücken.“ Danke. Von „Auf den Knien“ ist schließlich nicht die Rede.

Üben Sie mit Lisa Politt die hohe Kunst des Aussitzens und Perücke- Aufsetzens: Lernen Sie siegen. Hören Sie dabei tief in sich hinein und lassen Sie sich fragen: Wie geht’s uns denn? – Garantiert gut, nach diesem Programm. Wäre doch gelacht.

Infos und mehr unter www.polittbuero.de

25 Jahre HERRCHENS FRAUCHEN …War was?!

Ausgerechnet zum 25. Jubiläum in größter Not: Ist ihr Humor den hohen wehrtechnischen Anforderungen der heutigen Zeit überhaupt noch gewachsen?

– An vorderster Front der Spassnation werden sie vom Zweifel gequält: Werden die Lachsalven zünden?

-Haben sie genügend gepfefferte Spitzen im Köcher?

–Die Befürchtung der beiden Granaten: keiner lacht sich tot.

Weit entfernt von bombigen Erfolgen merken die Stimmungskanonen: Frontbetreuung sieht anders aus. Fragen Sie Jeanette Biedermann. Ihr Humor ist schwer zu transportieren, die Fertigstellung des A 400 verzögert sich- WAS TUN?!! Ihr Unterhaltungsbegriff ist zu  schwer, die Gags sind pechschwarzblutgetränkt und wollen an der Spassfront nicht zünden- wie soll sich da der Feind tot- krank- oder gar schieflachen, zumindest aber Schütze Arsch sich bepissen?!!!

Zum 25jährigen Bestehen von „Herrchens Frauchen“ haben sich Lisa Politt und Gunter Schmidt etwas Besonderes ausgedacht: Nicht einen Zusammenschnitt aus den bisherigen an Höhepunkten nicht armen Programmen, sondern ein nigelnagelneuer Abend, bestehend aus den bewährten Ingredenzien: „…brilliant- bissige Dialogen mit Musiknummern zwischen krachwitzig und bitterernst“ (DWZ, Hameln).

Ein wenig beleidigt sind die Beiden natürlich schon: Ist es nicht ein Zeichen absoluter Erfolglosigkeit, dass nach 25 Jahren ihre Tätigkeit überhaupt noch vonnöten ist, sie die Welt also immer noch nicht zum Positiven verändert haben?

Geben sie sich doch stets  Mühe, mit konstruktiven Vorschlägen für Verbesserungen auch im Kleinen zu sorgen. So helfen sie der Regierung in wirtschaftlich angespannten Zeiten mit Sparvorschlägen: Kann es sein, so sorgt sich HERRCHENS FRAUCHEN, dass der Wehrauftrag der Bundeswehr in Afghanistan nur deshalb in die Länge gezogen wird, weil Airbus mit der Fertigstellung des A400 für Truppentransporte nicht vorankommt?- Und wäre es da nicht kostengünstiger, „UNSERE JUNGS“ würden sich an Ulla Schmidt ein Beispiel nehmen und mit dem Dienstwagen aus dem sonnigen Süden nach Hause kommen?

Die mittlerweile 17. Produktion- Ein Rück- und Ausblick, der auch diesmal nicht ohne erhobenen Mittelfinger wird auskommen können: „Das Duo begeistert mit seinen manchmal bitterbösen, brillanten Attacken“ (Hamburger Abendblatt).

Lisa Politt und Gunter Schmidt haben die bitteren Lehren aus der Geschichte ihrer Generation gezogen. Seit sie wissen, dass die Schüsse auf Benno Ohnsorg auf der Anti- Schah- Demo von IM Kurras abgegeben wurden, ist klar: Die Geschichte der Studentenbewegung muss umgeschrieben werden. Nicht, dass es heute noch jemandem auffallen würden, wenn irgendwer die Geschichte umschreibt- Aber was wäre Deutschland alles erspart geblieben:

  • Die „Bewegung 2. Juni“ wäre als „Bewegung 17. Juni“ in die Geschichte eingegangen!
  • Die ganze Generation der Studentenrevolte wäre nicht demonstrieren gegangen, sondern Fluchthelfer geworden. Und die Mauer wäre von UNSERER Seite nachgerüstet worden!
  • Und hätten die Herren und Damen Studenten Lust gehabt, sich politisch zu äußern, dann hätten sie nicht die Enteignung Springers, sondern die Privatisierung des „Neuen Deutschland“ gefordert!

Bei aller Kritik muss aber auch gefeiert werden, was des Lobes bedarf. Kein Zweifel: Unsere Generation hat es weit gebracht. Nicht zuletzt uns ist es zu verdanken, dass das Dosenpfand mitttlerweile am Hindukusch verteidigt wird. In Jugoslawien sind wir weiter gekommen als unsere Väter, und unsere Bundeskanzlerin erntet die Früchte vergangener Emanzipationsbewegungen. Damit ist bewiesen, dass nicht alles nur Parole war, was einst formuliert wurde: Die Schweine von heute sind nicht nur die Schinken von morgen, sondern kriegen von Heidi Klum auf Pro 7 auch noch das Quieken beigebracht.

„Das Duo macht etwas, das bei deutschen Kabarettisten(…) selten geworden ist: politisches Kabarett. Politt und Schmidt sind keine distanzierten Analytiker gesellschaftlicher Mißstände, sondern ungestüme Krititker, deren Zorn noch nicht zur Pose erstarrt ist. Geschickt und akribisch bewegen sie sich zwischen intellektuellen Spitzfindigkeiten und deftigen Realitätsausbrüchen. Sie türmen nicht einfach Gag auf Gag, das überlassen sie anderen Truppen, die außer Nonsens wenig im Kopf haben. Das Duo schwimmt gegen den Trend der schnellen Albernheit und ist so amüsant wie raffiniert: dem Zuschauer werden Identifikationsangebote gemacht – und gleich wieder entzogen.“(Tagesspiegel, Berlin)

„- War was..?!“- Ein Jubiläums- Programm, das es in sich haben wird-
mit den Ingredenzien, die zum Erfolg von HERRCHENS FRAUCHEN beigetragen haben: Gute Lieder (musikalische Mitarbeit: Jo Jacobs), unvergessliche Moderationen und schlechte Witze aus guten Gründen.

* 1991 erhielten HERRCHENS FRAUCHEN den Deutschen Kleinkunstpreis,

* 2003 Lisa Politt den Deutschen Kabarettpreis als erste Frau.


Die Jury:

„Lisa Politt tritt auch in ihren Solo- Programmen  souverän den Beweis an, daß zeitkritisches politisches Kabarett keine Männerdomäne ist. Mit sprachlicher Schärfe und intellektuellem Witz vertritt sie streitbar, undogmatisch und selbstironisch unbequeme Standpunkte und ist gleichzeitig eine brillante und stimmgewaltige Entertainerin.“

Außerdem erhielt Lisa Politt den
Deutschen Kleinkunstpreis 2005 in der Sparte Kabarett,

wiederum als erste und bisher einzige Frau.

Die Jury: „Damit zeichnet die Jury eine Überzeugungstäterin aus, die als Solistin ebenso wie im Duo Herrchens Frauchen zusammen mit Gunter Schmidt kabarettistische Konsequenzen zieht. Ihre energievolle Präsentation gipfelt in den Songs, die sie mit einer Super-Rockröhre singt. Lisa Politt: Eine radikale Denkerin, die gnadenlos analysiert und exakt formuliert.“

Volker Pispers:
„Lisa Politt ist die einzige Frau in Deutschlad, die aggressives politisches Kabarett macht“

HERRCHENS FRAUCHEN + ANTJE BASEDOW „Parole Schnulli- dem Nachwuchs keine Chance“

In einer Zeit, in der ein immer wichtiger werdender Konkurrenzfaktor in wirtschaftlich globalisierten Zusammenhängen der sogenannte „Sozialtransfer“ ist, rückt auch die Bildung in den Focus ihrer industriellen Verwertbarkeit . Den Volkshochschulen werden die öffentlichen Zuschüsse gestrichen, das Bildungswesen wird zunehmend privatisiert, und die Wirtschaft behält sich im Gegenzug vor, das für ihre Zwecke verwertbare „Humankapital“ an entsprechenden Elitezentren heranzubilden.

Aber: Ist, was die Spitzen der Gesellschaft für richtig halten, notwendigerweise „böse“?

Lebenslanges Lernen-  es gibt mittlerweile eine ganze Industrie, die davon profitiert. Warum aber nicht auch profitieren, wenn alle Beteiligten etwas davon haben? Besser doch, man hilft, als wenn die bildungsfernen Schichten das zur Ausbildung gedachte Geld einfach nur vorm Fernseher versaufen, wie neulich ein SPD- Politiker messerscharf analysiert hat.

Dieses Dilemma kann linke Kabarettisten wie Gunter Schmidt und Lisa Politt nicht kalt lassen. Gerade sie begreifen ihre Arbeit auf der Bühne auch als sozialen Auftrag und werden tätig: Sie nehmen eine junge Kollegin aus der Unterschicht unter ihre Fittiche und geben ihr Tipps für einen erfolgreichen Start auf die Bretter, die so auch (irgendwann) für sie die Welt bedeuten können. Politt und Schmidt lassen nichts unversucht, um der Kollegin mit guten Ratschlägen den Weg auf die Bühne zu ebnen –  oft genug auch gegen den Widerstand ihrer Vorurteile (auch als selbstbewußte junge Frau beispielsweise vergibt man sich schließlich nichts, wenn man dem Negativ- Image der Emanzen charmant etwas durch dezente Schminke und ansprechende Kleidung entgegensetzt- um dann inhaltlich selbstverständlich hart und kompromisslos zu bleiben).

Dabei nutzen sie das lange am Markt etablierte Label „HERRCHENS FRAUCHEN“, um mit dem Mittel der Corporate Identity ein Image Transfer einzuleiten, der letztlich zu einer Win- Win – Situation führen wird: Die Verbindung wird Herrchens Frauchen, diesem nicht altern wollenden Geheimtipp des Kabaretts, endlich jüngeres Publikum in die Räume schwemmen, während die Jüngere zukünftig mit den anderen Beiden in einem Atemzug wird genannt werden müssen. Dass diese für die hochqualifizierte Ausbildung kaum etwas zahlen muss, ist eine Tatsache, die HERRCHENS FRAUCHEN als tätiges Zeichen der Solidarität selbstverständlich finden und medial eigentlich auch nicht verbreitet werden soll- zu bescheiden sind die beiden Altlinken, die unbedingt  vermeiden wollen, dass dieses beispielhafte Tun zur  billigen PR- Aktion verkommt.  Was Politt und Schmidt sich dafür zahlen lassen, dass Basedow für sie die Arbeit macht, bleibt also ähnlich im Dunkeln wie bei Jung&Matt.

– Gut, manchmal gehen die Beiden in ihrer Grossherzigkeit auch zu weit: Als sie die Jüngeren mit der ehrenvolle Aufgabe betrauen, das gemeinsame Stück vollkommen selbsttätig zu schreiben, geht das trotz des Fleisses der Praktikantin daneben: Alle gut gearbeiteten Gags, die intelligenten Pointen, jede noch so ausgefeilte Dramaturgie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Jüngeren dann eben doch eines fehlt: Der politisch kritisch- aufgeklärte Geist der 68er. Den ihr immer und immer wieder in langen Vorträgen nahezubringen werden die beiden Altlinken nicht müde, während die Praktikantin ihnen begeistert an den Lippen hängt und zum Ausgleich für ihre Mühe Kaffee kocht, Rotwein bringt und ihnen am nächsten Tag beim Aufstehen hilft.

Die mittlerweile 16. (Co-) Produktion von Herrchens Frauchen:

Ein Stück über Ausbildungskonzepte und Generation Praktikum. Zwei  Kabarettistinnen prallen aufeinander. Beide verbergen ihre wirklichen Beweggründe für ihre berufliche Motivation so energisch wie vergeblich. Die eine will in Wirklichkeit immer noch die Titelrolle aus „Fame“ (und zwar Leroy) spielen, um endlich dem Trauma ihrer schwer gestörten Kindheit zu entrinnen, die andere hat ihre Ideale von einst in Wirklichkeit längst aufgegeben und geht nur noch auf die Bühne, um genug Geld für ihre unkontrollierbaren Kaufrausch- Anfälle zu haben. Schmutz, Intrige, Neid und Mordlust, so mühsam wie wirkungslos verborgen unter „weiblicher Solidarität“ und getragen von der Angst vor’m Alter (Politt), der Angst vor’m Abstieg in die Sozialhilfe (Basedow) und der Angst, zwischen diesen beiden Frauen zerquetscht zu werden (Schmidt: ob und wie er sich in diesem durch Anspruch auf Solidarität verdonnerten und schwer auf Konkurrenz getrimmten Spannungsfeld wird behaupten können,  wird sich zeigen)- kurz: Ein vergnüglicher Abend kurzweiliger Unterhaltung, gewürzt mit musikalischen Attacken auf das kleinbürgerliche Verständnis tonaler Musik.

Ob nun Lisa Politt und Gunter Schmidt der jungen Kollegin wirklich etwas beibringen wollen oder nur Erklärungen für ihr eigenes Scheitern suchen, ob sie nun durch ihre Tipps den Nachwuchs letztlich fördern oder  lediglich die Konkurrenz ausschalten wollen- das wird man am Ende des Stückes möglicherweise genauso wenig wissen wie bei den anderen im Umlauf befindlichen Ausbildungsprogrammen.

Am Schluss dieses mit musikalischen Ausfällen gewürzten Programmes wird es jedoch sein wie immer: Alle wichtigen Probleme zum Thema sind abschliessend gelöst, Kranke werden geheilt, Zerstrittene versöhnt sein und alle glücklich singend Arm in Arm nach Hause gehen. Bestimmt.

Seien Sie auf alle Fälle dabei, wenn Herrchens Frauchen ihre junge Kollegin Antje Basedow einschwören auf die Goldenen Regeln des Schaustellergewerbes wie:

  • „Wer probt, kann nichts“,
  • „Lieber einen guten Freund verraten als einen Gag auslassen“ oder
  • „Der Profi klaut, der Laie kopiert“.

Denn wer weiß: Vielleicht finden auch Sie für diese erfolgversprechenden Tipps des täglichen Lebens das eine oder andere Anwendungsgebiet.

siehe auch: www.antjebasedow.de

Kur für den Kopf – Lisa Politts linke Sprech- und Bühnenkunst

Haste schon unterschrieben?“ Die schmale Frau wirft einen auffordernden Blick über den Tresen und deutet auf die Unterschriftenliste für den Erhalt der Drogenhilfeeinrichtung Fixstern. Die meisten Gäste wissen, dass die nachdrückliche Schokoriegelverkäuferin keine andere ist als Lisa Politt. Seit vier Monaten führt die scharfzüngige Kabarettistin gemeinsam mit ihrem langjährigen Bühnen- und Lebenspartner Gunter Schmidt Hamburgs charmantestes Haus für linke Sprech- und Bühnenkunst. Im Hinterland des Hamburger Hauptbahnhofs fanden Politt und ihr Kompagnon Schmidt ihr Eldorado. Das ehemalige Kino Neues Cinema diente dem Deutschen Schauspielhaus als Nebenspielstätte, bis im April 2003 der Betrieb eingestellt wurde. Für Politt und Schmidt, die seit beinahe 20 Jahren als Kabarettduo „Herrchens Frauchen“ durch die deutschsprachige Kleinkunstlandschaft zogen, bot sich die Gelegenheit zur Sesshaftigkeit. Sie griffen zu und möbelten gemeinsam mit zahlreichen SympathisantInnen das abgewetzte Filmtheater zur kleinen, feinen Kabarettbühne auf. Als das Polittbüro am 1. September die erste Spielzeit einläutete, präsentierte es sich dem Publikum mit original türkisfarbener Kinobestuhlung und frisch gestrichenem Foyer. KabarettkollegInnen von Aprillfrisch über Fanny Müller und Nessi Tausendschön bis hin zu Corny Littmann unterstützten mit ihrem Auftritt den mutigen Schritt, in Zeiten der ewig propagierten Krise auf politisch motiviertes Theater zu setzen.

Zorn und anarchisches Lachen

„Für Comedy im landläufigen Sinne gibt es hier keinen Platz!“, stellt Lisa Politt klar. „Hier wird von unten nach oben gelacht und nicht umgekehrt.“ Tucholsky habe seinen viel zitierten Satz sowieso ganz anders gemeint: „Satire darf eben nicht alles“, sagt Politt. „Sie darf nicht plötzlich ihre Waffen nach unten richten. Das ist keine Satire, das ist Menschenverachtung.“ Comedy, hat Politt einmal presseöffentlich polemisiert, sei Kabarett ohne Hirn und habe die Form geklaut, dabei jedoch den Inhalt vergessen. „In allen gesellschaftlichen Dispositiven wird der gesellschaftliche Verlierer als der Superdepp dargestellt, der es einfach nicht besser verdient hat. Comedy macht dabei mit – und ich finde das zum Kotzen.“

Manchmal kippt ihr Zorn in anarchisches Lachen, wenn sie ihre Sicht auf die Welt zuspitzt, Zweifel daran, dass es ihr bitter ernst ist, lässt sie dabei jedoch nie. Ihre messerscharfe Analyse psychologischer Muster und politischer Verhältnisse malträtiert zielsicher und bitterböse Hirn, Herz und Lachmuskeln ihres Publikums – egal, ob sie von der Bühne herab mit dem Publikum oder aber im Foyer ihres Theaters über einen Tisch hinweg mit Gästen spricht. Sie versprüht Herzblut, Leidenschaft und vor allem brillianten Scharfsinn. Die 46-jährige studierte Psychologin fordert von ihrem Gegenüber Kontakt, Widerspruch, Auseinandersetzung. Auf der Bühne vergisst sie nicht, dass „du innerhalb eines politischen Kabaretts nicht die ganze Zeit über Politik reden kannst, denn sonst schnarcht das Publikum weg“. Sie weiß, und erinnert an Bertolt Brecht, dass die Form den Inhalt transportiert und dass die beste Form diejenige ist, die einen lustvollen, sinnlichen Kontakt zum Publikum knüpft. Mit Programmen wie „Rache“, „Marika Rökk und ich – eine Zwangsvorstellung“ oder „Vorläufiges Endergebnis“ hat Lisa Politt mit Gunter Schmidt immer wieder bewiesen, dass sie das Repertoire der pointierten Unterhaltung perfekt beherrscht.

Es gibt so viel weiblichen Humor …

Kein Wunder also, dass nun auch die Verleiher des Deutschen Kabarettpreises, das Nürnberger Burgtheater, entdeckt haben, dass Lisa Politts sprachliche Schärfe und intellektueller Witz auszeichnungswürdig sind: Am 10. Januar 2004 erhält die gebürtige Braunschweigerin und Wahlhamburgerin den Preis, der bislang ausschließlich Männern wie Matthias Beltz, Matthias Deutschmann oder Arnulf Rating vorbehalten war. Dass sie als erste Frau den Kabarettpreis, der seit 1984 verliehen wird, bekommt, freut und ärgert sie gleichermaßen: „Viele Leute fragen, ob ich den Preis kriege, weil ich eine Frau bin. Ich sage, wenn ich keine Frau wäre, hätte ich den schon viel eher gekriegt. So ‚rum wird ein Schuh daraus.“ Seit das Burgtheater Politt als künftige Preisträgerin benannt hat, werde ihr ständig die Frage nach der Existenz weiblichen Humors gestellt. „Klar“, sagt sie, „der Ort des Beschreibens richtet sich nach dem Ort, den ich innerhalb des hierarchischen Gefüges der Gesellschaft innehabe.“ Und damit es auch wirklich alle verstehen, setzt sie lachend nach: „Es gibt so viel weiblichen Humor wie männliche Arschlöcher.“ Aber Lisa wäre nicht Politt, wenn sie sich in die feministische Schublade einsperren ließe: „Wenn ich als Feministin meinen Blick nicht abstrahiere und auch auf andere Strukturen auch übertragbar mache, dann ist auch mein feministischer Blick nichts wert, oder sagen wir mal, er bleibt unpolitisch.“ Und unpolitisch, so Politt, sei höchstens ihr morgendliches Marmeladenbrötchen.

… wie männliche Arschlöcher

Politt und Schmidt verstehen sich als Teil des linken Netzwerkes, das seit Jahren gegen Ausgrenzung und Stigmatisierung arbeitet. So treten sie auf Veranstaltungen der Sozialpolitischen Opposition in Hamburg auf, kritisieren auch abseits der Bühne öffentlich die Drogen- und Abschiebepolitik des Senats und unterstützen bereits seit 1996 jugendliche unbegeleitete Flüchtlinge in Jugendwohnungen der Arbeiterwohlfahrt, indem sie praktische Hilfe, Geldspenden und Vormundschaften für die Jugendlichen organisieren.

Bis 2005 läuft der Untermietvertrag noch, den Schmidt und Politt mit dem Schauspielhaus abgeschlossen haben. Bereits in den ersten Monaten glänzte das Polittbüro mit einem Programm, wie es so an keinem anderen Ort zu sehen ist: Einzigartig die Vers- und Kaderschmiede des konkret-Autors Thomas Ebermann; unvergesslich die szenische Ariel-Dorfmann-Lesung mit Rolf Becker, überaus hinreißend Komikerinnen wie die Betancor, Käthe Lachmann, Martina Brandl oder Janice Perry. Immer wieder verlockend so illustre Namen wie Hannelore Hoger, Franz-Josef-Degenhardt oder Doris Gercke. Dazwischen selbstverständlich Herrchens Frauchen und Lisa Politt solo. Der tägliche Gang ins Polittbüro garantiert die tief greifende Kur für den Kopf.

„Mein Standpunkt ist nicht gerade modern“, sagt Lisa Politt, „aber das ist sowieso das falsche Kriterium.“ Recht hat sie.

Tina Fritsche

Infos unter http://www.polittbuero.de. 19.12. – 21.12. und 25.12. – 30.12.: Best of Herrchens Frauchen (jeweils 20 Uhr. 12,50 Euro/ ermäßigt 10,00 Euro, jeweils 20 Uhr)

Quelle: ak – analyse + kritik – Zeitung für linke Debatte und Praxis / Nr. 479 / 19.12.2003

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Aufgedeckte Muster – Herrchens Frauchen mit „Fühlt euch wie zuhause“ im Neuen Cinema

Anlässlich ihres 19-jährigen Bühnenjubiläums verwandeln Herrchens Frauchen das Neue Cinema am Steindamm in ihr Wohnzimmer und laden ein: „Fühlt euch wie zuhause“ ist nicht nur die zunächst freundschaftliche Aufmunterung der beiden GastgeberInnen, sondern war auch der Titel des allerersten Bühnenstücks, mit dem die beiden Musik-KabarettistInnen 1984 auf sich aufmerksam machten.

Bereits in jener grauen Vorzeit galt das Stück zu Recht als eine messerscharfe Betrachtung heterosexueller eheähnlicher Beziehungen. Gnadenlos werden da männliche und weibliche Krisenreaktionsmuster aufgedeckt: Die Melzers liefern sich einen Beziehungskrieg vom feinsten: Claus (Gunter Schmidt), der gescheiterte Musiker, der es nur zum fischig-coolen Werbetexter brachte und dessen Gefühlswelt irgendwo zwischen Wackerstein und Wüste zu Hause ist; Evelyn (Lisa Politt), studierte Sozialpädagogin, die als friedensbewegte Hausfrau und Mutter in emotionaler Einsamkeit und Zwanghaftigkeit versinkt.

Es tut fast schon am eigenen Körper weh, wenn man Lisa Politt dabei erlebt, wie sie verzweifelt zwischen Mordgelüsten, Alkohol und dem Bemühen, eine gute Gastgeberin zu sein, oder ihren Gatten vergeblich um Zärtlichkeit und Nähe anfleht. Der erklärt den Gästen ungerührt und in völlig verquerer Übergründlichkeit die Funktionsweise seiner Zittertaler Pedal-Harfe.

Nicht nur textlich ist dieses Erstlingswerk äußerst treffsicher. Auch die schauspielerische Leistung ist famos. Immer wieder laufen die Szenen wie in Stereo ab: Während Evelyn auf der einen Bühnenseite einen Nervenzusammenbruch erleidet, bemüht sich Claus auf der anderen Seite, mit Anekdoten die Gäste zu unterhalten und geht dabei bis an die Schmerzgrenze des Erträglichen. Spätestens hier wird klar, das Fühlt euch wie zuhause eher als Drohung, denn als nette Einladung zu verstehen sein könnte.

So bitterböse und grausam das Ganze ist – Herrchens Frauchen wären nicht Herrchens Frauchen, wenn das alles nicht auch zum Schreien komisch wäre: ein Witz, der nicht auf Kosten Dritter geht. Und es passt auch, dass das Stück zum Jubiläum im Neuen Cinema stattfindet: Das nämlich zeigt sich als überaus geeignete kleine, feine Kabarettbühne und trägt wesentlich bei zur nötigen Atmosphäre.

DIRK SEIFERT

bis zum 8. Juni tägl. außer Mo., 20 Uhr, Neues Cinema
taz Hamburg Nr. 7066 vom 30.5.2003, Seite 23, 81 Zeilen (Kommentar), DIRK SEIFERT,

Lisa Politt nimmt Rache

„Rache“ heißt die neue Produktion des hinlänglich bekannten Kabarett-Duos „Herrchens Frauchen“. Seit ihrem Solo „Marika Rökk und ich – eine Zwangsvorstellung“ ist Lisa Politt das erste Mal wieder allein auf der Bühne und zieht alle Register kabarettistischen Handwerks. Sie tut das nicht ohne Grund. Ihr Vorhaben in der heutigen Zeit ist aberwitzig und risikoreich, und sie erklärt es gleich am Anfang einem verdutzten männlichen Zuschauer in der ersten Reihe: „Wir Feministinnen haben ja immer gesagt, wenn wir uns Herrschaftsverhältnisse erklären wollen, müssen wir uns nur das Verhältnis zwischen Mann und Frau angucken. Also ich bin jetzt die Unterdrückte, wer sind Sie?!“

Auf dieser Ebene wird konsequent und furztrocken den ganzen Abend über eine linke Theorie durchdekliniert, ohne dass es die Mehrheit des Publikums merkt. Wirksam bleibt es dennoch. Das Gelächter gleicht oft mehr den Schmerzschreien des jäh Erkennenden als den Geräuschen, die man gemeinhin aus Bierzelten vernehmen kann- das Dargebotene ist zu wahr, um schön zu sein. Gnadenlos wird die Symptomatik herrschender Produktionsverhältnisse in ihren verschiedensten Erscheinungsformen vorgeführt: ob es nun die Sozialarbeiterin in der Rechten Szene ist, die erfreut konstatiert, dass „Laissez- Faire“ zumindest im Umgang mit den Skins eine Nische gefunden hat oder ob sie den Männern rät, sich mittels phantasievoller Nutzung der Gentechnologie den entscheidenden Vorteil am Arbeitsmarkt durch einen dritten Arm zu sichern.

Dem Spott der Politt entgeht nichts, nicht einmal sie selbst. Ihre irrwitzige Gratwanderung mit dem Charme eines intellektuellen Rasiermessers bleibt dabei immer parteilich, verbissen wühlt sie sich durch den Wahnsinn der heutigen Zeit ; saukomisch für alle, die sich wie sie über die politischen Zustände unseres Landes aus Verzweiflung nur noch totlachen können. Anarchistisch genug, um nicht im Dogma stecken zu bleiben, bleibt bei ihr meist die weiterführende Frage als die abschließende Antwort Schlusspunkt einzelner Sequenzen. Erschreckend deutlich für viele im Saal daher ihre Darstellung einer Grünen, die stolz konstatiert, bei der fehlgeschlagenen Auseinandersetzung mit dem Nazivater doch wenigstens auf dem Balkan weitergekommen zu sein als er. Bitter.- Zum Schluss dann doch der Schrei nach Solidarität und Liebe, der klarmacht, wo bei dieser Frau der Motor sitzt.

Wer nach „Rache“ auf den Geschmack gekommen ist, kann am 29. und 30. März mehr über das Wirken von Herrchens Frauchen erfahren. Dann präsentieren sie im Alma Hoppe das „Beste aus 17 Jahren“.

Dirk Seifert

 

Den Balkan schön aufgeräumt – Lisa Politt übt genüsslich “Rache”: Ein beißendes Soloprogramm des Kabarett-Duos Herrchens Frauchen

Seit ihrem Solo Marika Rökk und ich – eine Zwangsvorstellung ist Lisa Politt jetzt, mit dem Programm „Rache“ im Schmidt Theater das erste Mal wieder allein auf der Bühne. Und sie zieht alle Regis-ter kabarettistischen Handwerks. Sie tut das nicht ohne Grund. Ihr Vorhaben ist – zumal in der heutigen Zeit – aberwitzig und risikoreich, und sie erklärt es gleich am Anfang einem verdutzten männlichen Zuschauer in der ersten Reihe: „Wir Feministinnen haben ja immer gesagt, wenn wir uns Herrschaftsverhältnisse erklären wollen, müssen wir uns nur das Verhältnis zwischen Mann und Frau angucken. Also, ich bin jetzt die Unterdrückte, wer sind Sie?“

Auf dieser Ebene wird konsequent und furztrocken den ganzen Abend über eine linke Theorie durchdekliniert, ohne dass es die Mehrheit des Publikums überhaupt merkt. Wirksam bleibt es dennoch. Das Gelächter gleicht oft mehr den Schmerzschreien des jäh Erkennenden als den Geräuschen, die man gemeinhin aus Bierzelten vernehmen kann – das Dargebotene ist zu wahr, um schön zu sein. Gnadenlos werden Symptome herrschender Produktionsverhältnisse in ihren verschiedenen Erscheinungsformen vorgeführt: ob es nun die Sozialarbeiterin in der rechten Szene ist, die erfreut konstatiert, dass „Laissez-Faire“ zumindest im Umgang mit den Skins eine Nische gefunden hat, oder ob sie den Männern rät, sich mittels phantasievoller Nutzung der Gentechnologie den entscheidenden Vorteil am Arbeitsmarkt durch einen dritten Arm zu sichern.

Dem Spott der Politt entgeht nichts, nicht einmal sie selbst. Ihre irrwitzige Gratwanderung mit dem Charme eines intellektuellen Ra-siermessers bleibt dabei immer parteiisch, verbissen wühlt sie sich durch den Wahnsinn der heutigen Zeit. Und da Lisa Politt anarchistisch genug ist, um nicht im Dogma stecken zu bleiben, bildet bei ihr meist die weiterführende Frage den Schlusspunkt einzelner Sequenzen, als dass sie Antworten parat hätte. Erschreckend deutlich für viele im Saal daher ihre Darstellung einer Grünen, die angesichts der fehlgeschlagenen Auseinandersetzung mit dem Nazivater erfreut feststellt, dass sie wenigstens auf dem Balkan beim Aufräumen weitergekommen ist als er. Bitter. Zum Schluss dann doch der Schrei nach Solidarität und Liebe, der klarmacht, wo bei dieser Frau der Motor sitzt.

Dirk Seifert

noch 26.2. bis 2.3., 20 Uhr, Schmidt Theater, Tel. 31 77 88 99

Das Beste aus 17 Jahren präsentieren Herrchens Frauchen außerdem am 29. und 30. 3. in Alma Hoppes Lustspielhaus

taz Hamburg Nr. 6685 vom 25.2.2002, Seite 23, 38 Zeilen (Kommentar), Dirk Seifert,  Rezension

„Gott der Herr hat 7 Zähne“ – Das Solo von Lisa Politt (Herrchens Frauchen)

Von der Überlegenheit der westlichen Zivilisation.

„Gott der Herr hat 7 Zähne“ – das ist ein Mißverständnis. Einmalig und in seiner Entstehung doch typisch: tatsächlich heißt es in dem schönen Kinderlied (Weißt Du, wieviel Sternlein stehen): „Gott der Herr hat sie gezählet“, aber Kinder machen sich oft ihren eigenen Reim. Wer die verklärt leuchtenden Augen der Kinder kennt, mit denen sie oft die schönsten Mißverständ nisse singend vortragen, und weiß, daß sie in einem bestimmten Alter hauptsächlich durch Imitation lernen, der macht sich Gedanken darüber, auf welche Weise der Glaube eigentlich in sie ineinkommt.

Mit der bewährten Mixtur aus Wort & Musik wird ein Thema bearbeitet, das als Teil gesellschaftlicher Verfaßtheit immer mehr an Bedeutung gewinnt : An die Stelle der sozialen Frage rückt zunehmend die Besinnung auf sogenannte „alte Werte“ wie Familie, Nation und Religion. An die Stelle des Ideals der Aufklärung rückt die Einschätzung, die eigene, christ liche Religion sei eben den anderen Konfessionen einfach überlegen. Der Papst-Hype spricht Bände, Ursula von der Leyens Ernennung einer „Werte- Kommission“ unter Einbeziehung sämtlicher Religionszugehörigkeiten, jedoch ohne die Berücksichtigung eines nichtreligiösen Vertreters in einem Staat, der von sich behauptet, Religion und Staat zu trennen, deuten in  dieselbe Richtung. Das Bestreben, an Stelle der Dar winschen Theorie die Schöpfungsgeschichte treten zu lassen, ist nicht nur an amerikanischen Universitäten zu beobachten- kein Wunder: Mag man doch schon allein
wegen der eben genannten Protagonisten an ein „survival of the fittest“ wirklich nicht mehr glauben. Ohne Zweifel ist es wieder modern geworden, Kinder taufen
und konfirmieren zu lassen. Lasset uns beten.

Wem das alles zunehmend auf die Nerven geht, dem stellen sich Fragen:
– Ist der vorübergehende Engpass auf dem Hamburger Schwarzmarkt für gutes Haschisch damit zu erklären, daß die Katholische Kirche zum Generalangriff jetzt auch auf den Hanseaten geblasen hat und zum Zwecke der Mitgliederwerbung im Weihrauchschwenker ordentlich nachgelegt und dafür den Markt leergekauft hat?

– Muss die Grosse Kogge Deutsche Wirtschaft weiter Führer- los durch die wilden Meere fahren, angefeindet durch freche Forderungen der Gewerkschaft nach Be-
zahlung für Arbeit? Wird sie mit einer Frau am Steuerrad das zarte Pflänzchen Konjunktur gegen den Chinesen verteidigen können? Und

– Ist Frau Schwarzers BILD-Werbung nur ein gewitzter Anlauf zur feindlichen Übernahme durch die Fregatte „Emma“, ein später Erfolg durch Mimikry also?

– Wenn wir auf eine globale Erderwärmung zusteuern, es aber einem Hanseatischen Sprichwort zufolge kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung gibt – wie sieht es dann in Gottes eigenem Kleiderschrank aus? Und

– was will uns die Hamburger Presse sagen, wenn sie titelt „Rente mit 67 soll früher kommen“?!

LISA POLITT weiß es auch nicht, macht sich aber Gedanken auf Teufel- komm- raus und stellt wilde Spekulationen an. Standpunkte gibt es zu Schleuder preisen, nachgebetete Meinungen, holzschnittartige Weltverbesserungsvorschläge aus der linken Motten kiste, in der Kaderschmiede auswendig gelernte „Überzeugungen“ und durch linke Denkverbote entstandene Schlagworte – das sind doch wahr-
scheinlich wieder die Ingredenzien für einen Abend, an dem Lisa Politt Ihnen gutgelaunt auf eine ganz billige Art den Spiegel vorhalten wird (für 19 Euro ab Montag bei IKEA, Achtung: Nur solange der Vorrat reicht).

Musikalische Mitarbeit: Jo Jacobs und Gunter Schmidt


„Gott der Herr hat 7 Zähne“ ist die 15. Produktion von „Herrchens Frauchen“ (Lisa Politt und Gunter Schmidt).

Preise:

  • 1991: Deutscher Kleinkunstpreis (Förderpreis) an „Herrchens Frauchen“
  • 2003: Deutscher Kabarettpreis an Lisa Politt
  • 2005: Deutscher Kleinkunstpreis (Hauptpreis) an Lisa Politt

Vorläufiges Endergebnis – Herrchens Frauchen zieht Bilanz

Vorläufiges Endergebnis – unter diesem vielversprechenden Titel kündigt sich die neue Produktion von Herrchens Frauchen (Lisa Politt & Gunter Schmidt) an. Von Anfang an im Schmidt dabei, haben die beiden preisgekrönten Kabarettisten Stücke wie „Marika Rökk und ich“, „Herren los“ („Sperma ist ekelhaft“) und zuletzt „Nichts ist unmöglich“ (mit Rolf Claussen und Tim Fischer) auf der Schmidt-Bühne gezeigt.

Für die neue Produklion haben sich die Beiden zwei schicke Musiker eingekauft: Ralf Schwarz und Jo Jacobs, bestens bekannt u.a. aus den Erfolgsproduktionen „Wuttke II“ und „Vanessa“. Damit erfüllt sich Lisa Politt, die schon im zarten Alter von 15 Jahren als eine der lautesten Rocksängerinnen der Lüneburger Heide galt, den lang gehegten Wunsch, endlich wieder mit Band aufzutreten.

Vorläufiges Endergebnis – der Titel markiert die Schnittstelle blographischer Bestandsaufnahme und gesellschaftspoltlscher Reflektion. Es wird also weiterhin mit großer philosophischer Gelassenheit in den gleichen Löchern gebohrt, aus denen Herrchens Frauchen immer wieder Erstaunliches zu Tage fördern.
Das neue Programm spannt den Bogen zwischen sehr persönlichen Einsichten („Sogar als Arschloch bist Du schlecht“ – ein Rocktitel) und Parteipolitik, wenn sich Lisa Politt bei ihrem Publikum dafur bedankt, daß es die SPD gewählt hat. Denn nur, wenn sich wirklich nichts ändert, kann sie mit immer denselben Themen auf die Bühne gehen. Skandal.

Jo Jacobs
ist Zauberkünstler, Grafiker & Designer, Kameramann & Tontechniker, Filmer & Computerfreak und natürlich Musiker, Komponist und Schauspieler. Zusammen mit Andrea Bongers u.a. gründete er 1982 die Kabarett-Musik-Gruppe MäGäDäM. 1988 fusionierten sie mit Aprillfrisch und Schwarz zu Aprillfrisch – MäGäDäM – Schwarz. Sehr erfolgreich spielte er in den letzten MäGäDäM-Produktionen „Arriman II“, „Per Anhalter durch die Galaxis – live!“ auf Kampnagel sowie“Vollgas sofort“ im SCHMIDT-Theater, Jacobs produziert seit 1998 Videoclips und Multi-Media-Events.

Ralf Schwarz
ist Pianist und Keyboarder. Seit Kindertagen nahm er Klavierunterricht, später auch Gitarrenstunden. Mit 22 Jahren begann er ein Jazzstudium bei Bardo Flenning, spielte in diversen Bands in Berlin (u.a. bei Prokopätz Big Band und mit Tania Berg in der Jazz Rock Band RIFF). 1986 begann eine immer intensivere Zusammenarbeit mit Andrea Bongers Gemeinsam mit ihr und Jo Jacobs spielte er in diversen Musicals. Schwarz begleitet den Singer & Songwriter Eddy Winkelmann, war Organist bei den STROMBOLIS und ist Keyboarder bei Stefan Gwildis & the Drückerkolonne. Er ist Dozent für Popmusik an der Sängerakademie Hamburg.

VÖ im Jahr 2000